Die Sammlung - Kommentare


… Der Privatsammler hat den Vorteil, dass er nur seiner eigenen Logik des
Begehrens verpflichtet sein darf und daher mehrere Positionen gleichzeitig
einnehmen kann. Der Privatsammler ist gelegentlich Kritiker, Kurator, Kunsthistoriker und Architekt in einem. …


Unter den Voraussetzungen, wo die Museen auf dem Markt der Aufmerksamkeit mit Hotels, Zoos, Warenhäusern etc. konkurrieren, kann es gerade die Möglichkeit und Aufgabe des Privatsammlers sein, sich nicht der Logik des Marktes zu unterwerfen.
Er wird das Sammeln wie das Sehen als eine geistige Tätigkeit begreifen, die
verstreute Werke in einer Sammlung koordiniert und strukturiert.
Nicht die Sammlung von Werken an einem physischen Ort ist das Entscheidende,
sondern deren geistige Positionierung. Die Positionierungsleistung des Sammlers
macht ihn zum wichtigen sozialen Faktor für die Konstruktion von Kunst.
So ein Sammler wird versuchen, die Trennung von öffentlich und privat wieder
herzustellen, indem er strikt darauf hinweist, dass es sich um eine Privatsammlung handelt. …


So ein Sammler wird gegen die Logik des Marktes kämpfen und sich von seinem
Bann, von der Verehrung der Einschaltquote und dem Kniefall vor den
Besucherzahlen, dem sich die staatlichen Museen unter dem Druck der
Massenmedien beugen, befreien. Er wird die Logik der Wissenschaft der Logik des
Markes vorziehen und sich bewusst der Kritik aussetzen. …
Er erzieht gleichzeitig auch das Publikum. Er entzieht es dem Konsum.


Aus: Katalogbuch „KunstSammeln“, MNK/ZKM Karlsruhe, 1999
Peter Weibel: Der Sammler und die Logik des Marktes